Das falsche Versprechen der Freiheit
Bevor ich unsere persönlichen Erfahrungsbericht mit einem Wohnmobil beschreibe, möchte ich auf einen Artikel im Tagesspiegel hinweisen, der meiner Meinung nach die Situation der Wohnmobilisten treffend beschreibt und den jeder lesen sollte, bevor er den Kaufvertrag für ein Wohnmobil unterschreibt.
Insbesondere jetzt in der Corona-Zeit bedarf es der intensiver Recherche über Wohnmobile, bevor man zigtausende Euros ausgibt und am Ende voller Enttäuschungen aus dem ersten Urlaub nach Hause kommt.
Aber jetzt zu unseren Erlebnissen mit dem Wohnmobil
Nach langen Jahren Urlaub mit dem Wohnwagen war die Zeit reif, einmal ein Wohnmobil zu testen. Viele haben mir über die Jahre erklärt, dass es doch toll ist, mit einem Wohnmobil ohne Restriktionen durch die Lande zu fahren und überall, wo es schön sei stehen zu bleiben.
Aber nichts dergleichen konnten wir in den vierzehn Tagen feststellen, während wir mit dem Wohnmobil durch den Schwarzwald gefahren sind und am Bodensee waren. Aber der Reihe nach:
Wir mieten ein Wohnmobil
Bevor wir eine solch teure Anschaffung, wie es ein Wohnmobil sein würde machen, wird erst einmal getestet. Rund um München dürfte es in Sulzemoos am der A8 die größte Auswahl geben. Unter dem Namen “Der Freistaat” sind dort einige Herstellermarken vertreten.
Die Auswahl ist wirklich ungeheuer. Da stehen auf dem Freigelände sicher um die 1.000 Wohnmobile und Wohnwagen. Eigentlich sollte jeder da fündig werden, nur wir nicht. Ich weiß nicht mehr, wie viele Wohnmobile wir besichtigt haben, aber so richtig optimal fanden wir keines. Das beginnt schon bei den Betten. Eines mit 190cm oder noch kürzer hilft nicht, ich bin ja keine Katze, die sich einrollt zum Schlafen. Wieder andere hatten seltsame Nasszellen oder vollständig unpraktische Sitzgruppen. Wir stellten uns schon da die Frage, wer kauft so was? Unter 50.000 Euro ist sowieso praktisch nichts halbwegs Vernünftiges zu bekommen.
Völlig entnervt hatten wir es schon aufgegeben. Beim Herausgehen aus dem Freigelände haben wir dann doch noch ein Wohnmobil gesehen, das für eine Testfahrt geeignet schien. Ausreichend langes Bett, trotzdem ein kurzes Fahrzeug mit nur sechs Meter Länge. Ein Klo, in dem man sich nicht hineinquetschen muss. O.K. da waren wir uns einig, das wäre was zum Mieten. Der Wagentyp war jedoch schon verkauft, aber wir konnten einen ähnlichen für den gleichen Mietpreis bekommen. Der war sogar besser, ein Mercedes mit Automatik und rund 170 PS. Ein wenig länger wäre er, aber nur 30 cm. Der Mietvertrag war schnell ausgefüllt und abgeschlossen. Es konnte also wie geplant im August 14 Tage auf Tour gehen.
Wir fahren Wohnmobil
Am Freitagmittag im August war es dann soweit. Fahrzeugkontrolle, kurze Einweisung und schon habe ich mich auf die Fahrt nach Hause gemacht. Es war wirklich kein Problem. Das Wohnmobil lässt sich fahren, wie ein Mercedes Sprinter. Die Breite ist zu berücksichtigen, aber ansonsten echt easy.
Samstagmorgen ging es dann endlich los. Raus auf die A99 zur A8 Richtung Stuttgart. Mit rund 130 km/h ging das ganz flott vorwärts. Ist schon toll, wenn man mit 40-50 Sachen schneller fahren kann, als mit dem unbeweglichen Wohnwagen. Die Wohnmobilbegeisterung begann sich zu steigern. Der Verkehr wurde dichter und dichter und ab Merklingen dann richtig zäh. Die Chance genutzt und die Behelfsausfahrt bei Hohenstadt genutzt. Über die Landstraße weiter, durch Bad Urach, Metzingen und Reutlingen immer näher an den Schwarzwald heran. Dann sahen wir von der Straße aus die Burg Hohenzollern. Jetzt sollte sich erstmals das praktische am Wohnmobil zeigen. Abgebogen und den Berg hinauf zum Schloß. Aber was war das? Wir konnten nicht einfach parken, wo es am schönsten ist, wir wurden auf spezielle Wohnmobilstandplätze eingewiesen. Na gut, das war nicht so tragisch, ist ja der gleiche Parkplatz, auf dem die Autos auch stehen.
Die erste negative Einschränkung mit dem Wohnmobil
Im Anschluss an die Besichtigung fuhren wir weiter in Richtung Schramberg. Dort wollten wir auf einem Campingplatz übernachten, den mit ein guter Freund vor Ort empfohlen hat. Leider war der Platz ziemlich voll und die einzigen freien
Plätze konnten wir nicht erreichen, weil das Wohnmobil zu hoch war. Da war sie also, die erste negative Erfahrung. Na ja, vielleicht liegt es einfach daran, dass es nicht so viele Parkplätze gibt und deswegen die geeignetsten Plätze für Wohnmobile frei gehalten werden.
Nächste Station wäre ein Campingplatz in der Nähe von Schramberg gewesen. Der hätte auch noch Plätze frei gehabt, aber nicht für Wohnmobile. Denn um zu den freien Plätzen zu kommen muss man durch eine Unterführung und die ist für eine Wohnmobil zu niedrig. Da blieb nichts anderes übrig, als im Internet nach einem anderen Platz zu suchen. In Schramberg gab es tatsächlich einen Wohnmobilstandplatz. Zwei Stück an der Zahl und wir waren gespannt, ob wir einen davon bekommen würden. Wir hatten Glück. Es war einfach ein Parkplatz vor einem Laden in der Bahnhofstraße mit einem Wasseranschluss. Na ja, die erste Nacht im Wohnmobil hatten wir uns etwas anders vorgestellt.
Das Wohnmobil wird Standmobil
In Freiburg hatten wir auf dem Campingplatz am Möslepark einen Standplatz gefunden. Da tat sich das nächste Problem auf. Wie kommen wir zu unseren Besichtigungen. Normalerweise hänge ich den Wohnwagen ab, setzte mich in Auto und fahre los. Den Radius bestimmt die Zeit, die wir für Besichtigungen investieren wollen.
Nicht so beim Wohnmobil. Da bestimmen den Radius das Fahrrad, die öffentlichen Verkehrsmittel und unsere Füße. Auweia, erst mal Fahrpläne studieren, wie lang brachten wir zur Haltestelle, was machen wir wenn es regnet. Wie weit ist das zu Fuß. Was ist los mit der “großen Freiheit”, die man doch angeblich mit einem Wohnmobil haben soll. Wo sind die Orte, wo man mit einem Wohnmobil überall hinkommt. Es gibt sie nicht mehr. Statt Freiheit gibt es Einschränkung. Die Stadtbesichtigungen in Freiburg waren ja noch gut machbar, aber schon der Wanderausflug zum Schauinsland dauerte wegen der Anfahrt mit dem ÖPNV deutlich länger als geplant. Colmar wollten wir und nicht entgehen lassen. Aber so einfach ist das nicht. Mit der Tram zum Bahnhof, mit dem Zug zur französischen Grenze und mit dem Bus dann schließlich nach Colmar. Stadtbesichtigung und ja wieder rechtzeitig bei der Bushaltestelle, denn so oft fährt der nicht. Die schönen Orte zwischen Colmar und Freiburg konnten wir uns abschminken, dazu waren die Busverbindungen einfach zu dünn gesät. Ach hätten wir doch ein Auto mit unserem Wohnwagen.
Parkplätze für Wohnmobile – ja, aber ganz hinten
Schließlich kamen wir auf unserer Tour zum Rheinfall bei Schaffhausen. Da gibt es drei oder vier große Parkplätze Rheinabwärts. Natürlich war der für Wohnmobile freigegebene ganz hinten, der mit dem längsten Anmarsch zum Wasserfall. Noch nicht mal eine Woche unterwegs und mir stand das Wohnmobil zum Hals.
Am Bodensee schließlich das gleiche Dilemma. Wir hatten die Fahrräder dabei, damit wir die Sehenswürdigkeiten im Umkreis von Uhldingen erradeln konnten. Aber die Insel Reichenau und andere weiter entfern
te Sehenswürdigkeiten waren tabu, denn einen ganzen Tag für eine Burg oder ein Dorf opfern, das stand in keinem Verhältnis.
Die beschränkten Möglichkeiten, Besichtigungen zu machen sind das eine, das andere ist das Wohnmobil selbst. Nun hatten wir eines mit nur 6,30m Länge, das ging ja noch um auf den vorgeschriebenen Parkplätzen problemlos zu stehen. Was machen nur die Leute mit diesen Monster-Wohnmobilen? Nach Italien fahren, auf den Campingplatz fahren und nicht mehr bewegen. Was für ein Schwachsinn zigtausende von Euro einfach irgendwo abzustellen und dann noch horrende Stellplatzgebühren zahlen.
Da lob ich mir doch meinen Wohnwagen
So ein Wohnwagen ist da doch eine ausgesprochen praktische Sache.
Gut, ich komme von A nach B nicht ganz so schnell, aber dafür habe ich am Ziel die volle Beweglichkeit.
Gut, ein Wohnmobil hat mehr Wasservorrat, aber mal ehrlich, wer duscht schon in einem Hamsterkäfig. Meine 30 Liter reichen mir voll und für alles andere gibt es ein Sanitärgebäude am Campingplatz.
Gut, ein Wohnmobil steht auch ohne die Stützen ausfahren zu müssen, aber bei meinem Wohnwagen ist die Nivellierung deutlich einfacher.
Ansonsten fallen mir bei der Inneneinrichtung keine größeren Unterschiede ein, bis auf den Umstand, dass mein Wohnwagen einen richtigen Kleiderschrank hat und das Wohnmobil nur einen kastrierten.
Und der Kaufpreis spielt eine gewichtige Rolle
Also, ein halbwegs ordentliches Wohnmobil dürfte unter 50.000 Euro nicht zu haben sein. Ein Wohnwagen der Oberklasse kostet vielleicht 15.000 bis 20.000 Euro. Das ist mindestens eine Differenz von 30 Riesen. Dafür kann ich ziemlich lange in ziemlich gute Hotels gehen, wenn ich gerade mal will. Das heißt, ich habe mit dem Wohnwagen neben den anderen Vorteilen eine weitere Option, die nicht von der Hand zu weisen ist. Denn egal ob Wohnmobil oder Wohnwagen, irgendwann ist so ein schönes Hotelzimmer mit ordentlichem Frühstück eine echte Alternative.
Der Bericht zeigt überdeutlich, dass es keinen Sinn macht, einen überzeugten Wohnwagenfahrer (waren wir selbst für 17 Jahre) vom Wohnmobilfahren (machen wir seit 30 Jahren) überzeugen zu wollen.
Natürlich ist es Schwachsinn, das Wohnmobil (wie einen Wohnwagen) auf einen Campingplatz zu stellen und alle Touren von dort mit anderen Verkehrsmitteln anzugehen.
Dafür gibt es zahllose zentrums- und erlebnisnahe Wohnmobilstellplätze (die für Wohnwagen gesperrt sind), und von denen man in wenigen Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad da ist, wo man hin will.
Die “große Freiheit” ist natürlich immer relativ. Sie beginnt für uns damit, dass wir grundsätzlich ohne Vorausbuchung und starren Plan losfahren. Wir bleiben stehen, wo es uns gefällt (Stellplätze gibt es überall), und wir geben Geld dort aus, wo wir willkommen sind. Ein ganz wichtiger Faktor für uns: Wir übernachten immer im eigenen Bett (auf Matratzen, die wir uns, genau wie zu Hause, nach unseren Wünschen haben herstellen lassen) und benutzen unsere eigene Toilette.
Aber glücklicherweise steht es ja jedem frei, seine Freizeit nach eigenem Geschmack zu verbringen.
Eines muss einem aber auch klar sein: Wer gegenüber Hotel oder Ferienwohnung viel Geld sparen will, sollte die Finger vom Wohnmobil lassen.
Na ja, die “große Freiheit” der Wohnmobilfahrer ist Geschichte. Viele Parkplätze in den Städten, die früher nutzbar waren, sind inzwischen durch Höhenbeschränkungen gesperrt. Unsere Erfahrung mit zentrumsnahen Stellplätzen sind ernüchternd. Es sind stellplätze, oft einfach geteerte, platte Flächen, die völlig unansehnlich sind. Das macht definitiv keinen Spaß.
Ja, o.k., das eigene Bett ist ein Argument, andererseits sind die Hotels inzwischen so gut ausgestattet, dass ich unterschiedliche Matrazen wählen kann.
Das eigene Klo, na ja, es ist eng in so einem WoMo und eine Toilettenbrille im Hotel ist schnell desinfiziert, also auch kein Problem.
Und so findet sich für jedes Argument pro WoMo auch eines contra WoMo und umgekehrt. Soll jeder mit seiner Wahl glücklich werden, für uns ist die Entscheidung pro Hotel und mobil mit Auto und Bahn gefallen.