Ich kann es kaum glauben – ich habe soeben mein Auto eigenhändig gewaschen und abgeledert!
So etwas habe ich die letzten 15 Jahre nicht gemacht. Da stellt sich die Frage, bin ich krank? Wieso bin ich nicht wie immer in die Waschgarage gefahren? Wieso mache ich mir Arbeit, die eine Waschmaschine für mich schneller erledigen kann? Fragen über Fragen, die nach einem Antwortversuch rufen.
Als ich damals in grauer Vorzeit meinen Führerschein gemacht hatte und ein 1200er Käfer Baujahr 1961 mit satten 34 PS mein ganzer Stolz war, war das völlig normal, dass jeder sein Auto selbst gepflegt hat. Waschgaragen gab es zwar, aber die konnten sich nur die Dienstwagenfahrer mit Chaffeur leisten. Dazu kam noch, dass es kein Internet gab und wir uns die Zeit auf andere Weise vertreiben mussten. Ein gewisser Gruppenzwang war sicher auch noch da, weil, wer konnte schon am Sonntag oder unter der Woche bei den Zusammenkünften jugendlicher autofahrender Kerle ein Mädchen beeindrucken, wenn das Auto schmutzig war.
Da bedeutete mindestens einmal die Woche das Lieblingsstück mit Gartenschlauch und Schwamm waschen. Wer sich einen Luxus gönnte, der hatte schon eine Waschbürste mit Wasserdurchlauf. Die hatten aber oft den Nachteil, dass der Gummi in dem die Waschborsten stecken, häßliche schwarze Streifen auf dem Lack hinterließen, wenn man nicht aufpasste. Mindestens alle zwei Monate, häufig öfter wurde das Heiligtum dann richtig mit Autoschaum gewaschen und anschließend mit Politur auf Hochglanz gebracht. Sah das gut aus! Das Familienmitglied “Käfer” hatte mein Vater 1961 gekauft und es bis 1978 gefahren. Ich übernahm ihn und darauf meine damalige Freundin. Verkauft wurde der Käfer dann mit 21 Jahren schweren Herzens mit 230.000 km an einen netten älteren Herren, aber das ist eine andere Geschichte.
Nach weiteren anderen Autos, zu denen die Beziehung, insbesondere die Waschbeziehung, schon schwächer wurde, kam das Mitarbeitermietmodell. Ja, sowas gibt es. Firmen haben Verträge mit den Autoherstellern, damit die Beschäftigten Fahrzeuge preiswert mieten können. Da bezahlt man im Monat eine Miete, in der alles enthalten ist, was so benötigt wird. Das einzige was noch zusätzlich an Kosten dazu kommt, ist das Tanken. Günstiger kann man kaum Auto fahren. Nachteil, was allerding gleichzeitig ein Vorteil ist, man muss alle 12 oder 24 Monate sein Auto gegen ein neues Tauschen.
Damit ist der persönliche Bezug zum Auto gänzlich verschwunden. Ja, die Autos wurden natürlich auch gepflegt, schließlich wollte ich den Bonus am Ende der Mietzeit haben. Aber so richtig selber waschen und polieren kam nicht mehr in Frage. Waschagarage war völlig ausreichend. So ging das die letzen fünfzehn Jahre, bis ich dachte, ich müßte mal die Firma wechseln.
Und jetzt steht plötzlich wieder ein richtiges eigenes Auto vor der Tür und nicht gemietet, sondern voll bezahlt. Und irgendwie, nach zwei oder drei Tagen, als der erste Staub auf dem feuerroten Lack zu sehen war, kam so ein komisches Gefühl in mir hoch, das ich jahrelang nicht mehr verspürt hatte. Ich dachte daran, das Auto zu waschen. Was mir lange Zeit fast wurst war, also ob ein Auto staubig war oder nicht, war mir plötzlich nicht mehr egal. Komisches Gefühl war das, das sich von Tag zu Tag verstärkte. Im Baumarkt ließ ich mich zu der Frage hinreißen, ob es denn Waschbürsten für Autos im Sortiment gäbe. Kleiner Baumarkt, schlechtes Sortiment, zumindest bei Waschbürsten. Am Abend saß ich vor dem Bildschirm und stöberte bei Amazon nach Autowaschbürste. Oh je, was passiert mit mir?, dachte ich, aber ich blieb sitzen, bis ich eine passende Bürste mit dazu passender Teleskopstange fand. Noch die Testberichte gelesen und entschieden, dass die Auswahl gut ist. Bestellt und zwei Tage später waren die Teile dann schon da.
Und heute, heute war es dann soweit. Ich konnte es nicht mehr halten. Ich ging in den Garten, holte den Wasserschlauch aus dem Gartenhäuschen, drehte im Keller das Wasser auf und voller Spannung klickte ich die Gardenakupplung des Wasserschlauches in die Teleskopstange. Die Waschbürste hatte ich schon angeschraubt.
Als das Wasser zum ersten Mal durch die Waschbürste auf den KIA Soul iconic lief, überkam mich ein Gefühl, das ich nur zu gut aus meiner Jugend kannte. Es war eine richtige Freude, mit der Bürste über das Auto zu fahren und zu sehen, wie der ganze Staub und Dreck herunter gespült wurde. Das rot des Lackes kam wieder richtig hervor.
Schon komisch, dass ein bisschen Wasser und eine Bürste Freude hervorrufen können. Da fiel mir ein, dass es vielleicht nicht schlecht wäre, die Wassertropfen nach der Wäsche vom Auto zu wischen. Aber mit was? Daran hatte ich nicht gedacht. Es ging ja auch erst mal darum den Dreck runter zu waschen. Aber, im Keller fand ich ein altes Fensterleder und ganz klassische wurde der Wagen abgeledert.
Schön glänzte das Auto wieder in der Sonne. Super schaut das aus. So kann ich getrost zum Einkaufen und am Nachmittag zum Wandern fahren und alle schauen mein glänzendes Auto an. Eigentlich ein Witz, aber in einem frisch gewienereten Auto fährt es sich doch gleich viel besser 🙂
Und während ich noch lederte überlegte ich, wie die Reinigungs- und Poliermittel, die Chromputzpaste und der Reifenglanz hießen, die wir früher immer verwendet hatten. Autovenol und Autosol waren Chromputzmittel, die Flugrost bestens entfernten und Superglanz auf Stoßstangen erzeugten. An Schampoos von Sonax kann ich mich noch erinnern. Die alten Autos waren jedoch noch aus richtigem Bleck und ob die alten Mittel auch auf den Plastikteilen der modernen Autos gut funktionieren ist die Frage.
Inzwischen bin ich schon beim Thema Reinigung und Politur weitergebildet worden. Von eingefleischten Autopoliereren, häufig Cabrio-Fahrer, wurden mir schon hilfreiche Tipps gegeben.
Für die Schaumwäsche verwendet man am Besten Meguiars Gold Class Autoschampoo, weil das angeblich den Lack und Wachsschichten nicht angreift, aber super sauber macht. Dazu braucht es natürlich immer wieder einmal eine Wachsschicht, die den Lack schützt und das erreicht man angeblich mit Meguiars Gold Class Liquid Autowax. Das gibt es natürlich als Pflege-Set und es wurde mir wärmstens empfohlen. Und wen wundert es, für das Aufhübschen zwischendurch gibt es natürlich auch noch das passende Spray, es nennt sich Meguiars Quick Detailer Lackschnellreiniger.
Ob das alles funktioniert, werde ich wohl die nächsten Wochen ausprobieren. Obwohl ich echt mit Autowaschen nichts mehr am Hut hatte, ist es jetzt wie ein Zwang, nur noch mit einem Auto herum zufahren, das glänzt.
Ob ich nicht doch ein wenig krank bin?