Olivetti Quaderno – Lieblingsstück aus vergangenen Tagen

Olivetti Quaderno
Mein Olivetti Quaderno von 1992

Das was ich heute beschreibe ist eine Rarität aus meinem Keller. Leider eine defekte Rarität, die ich aber dennoch nicht auf den Müll werfen werde. Diesen Olivetti Quaderno (Quaderno heißt übersetzt Schulbuch) würde ich auch heute so manchem Notebook vorziehen. Das Gerät stammt aus dem Jahre 1992! und ist einfach eine Wucht. Es ist richtig ärgerlich, dass dieser Netbook nicht mehr funktioniert.

Allein die Abmaße dieses Winzlings des italienischen Herstellers Olivetti waren für die damalige Zeit sensationell: 210 x148 x 32 Millimeter, davon träumen bei all der Miniaturisierung der letzten 20 Jahre noch viele Netbook-Hersteller. Nur bei Gewicht sind die heutigen Geräte im Vorteil, der Quaderno wog stolze 1050 Gramm. Na ja, o.k. auch bei der Prozessorleistung sind die neuen etwas besser.

Olivetti Quaderno
Der Olivetti Quaderno war richtig gut

Es wird viele Jüngere erstaunen, dass man mit sagenhaften 16 MHz Taktung des Prozessors tatsächlich soviel Rechenleistung hatte, dass man damit arbeiten konnte. Ja, und auch die 20 MB Festplattenspeicher haben gereicht, weil die Softwarehersteller noch richtig programmieren konnten, ohne die überbordenden Gimmiks und die größtenteils nutzlosen Funktionen heutiger Programme.

Quaderno, ein vollwertiger PC mit MS-DOS 5.0

Der Olivetti Quaderno PT-XT-20 war ein vollwertiger PC, der damals mit MS-DOS 5.0 ausgeliefert wurde. Ich hatte kurz nachdem ich ihn bekommen habe MS-DOS 6.22 installiert und ihn lange damit betrieben. Eine Testinstallation von Windows 3.1 hatte ich auch versucht. Erstaunlich, das kleine Ding lief auch mit Windows, aber ohne Maus oder Touchpad (gabs damals noch garnicht) machte das auch nicht so richtig Spaß. Also blieb ich bei MS-DOS. Sämtliche Programme liefen, von Mulitplan, oder Word. Eine ganze Menge Freeware und Shareware gab es ebenfalls. Erstaunlich, dass alles, was ich auf dem Zwerg installiert hatte auch tatsächlich lief. Ganz im Gegensatz zu heute, wo die Inkompatibilitäten doch erheblich größer sind.

DBase und Clipper liefen ebenfalls problemlos. Das war wunderbar in der Schlußphase meiner Diplomarbeit. Da konnte ich Quelltextanpassungen gleich vor Ort machen und testen – herrlich, den Quaderno hätte ich gern schon von Anfang an gehabt. Geschrieben habe ich dann mit WordStar. Denn alle anderen Textverarbeitungen hatten riesige Probleme, den Quelltext richtig formatiert darzustellen.

Der Quaderno lief einige jahre, bis dann irgendwann das Scharnier gebrochen und die elektrische Verbindung zwischen Basis und Display “abgenackelt” war. Seitdem liegt der Quaderno im Keller und immer wenn ich am Regal vorbei gehe, denke ich mir, dass doch schade ist, weil er nicht mehr läuft.

Jetzt steht er im Museum

Aber einen Trost habe ich. Bei einem Besuch der Pinakothek der Moderne in München, stand der Quaderno im Museum. Im Museo nationale Scienza e Technologia Leonardo da Vinci ist der kleine Quaderno auch ausgestellt.  Da kann ich nur sagen, wer hat schon ein, wenn auch defektes Museumsstück im Keller. 🙂

Das Video zeigt euch meinen Quaderno:

Bekommen hatte ich den Quaderno völlig überraschend von einem Bekannten, dem ich über lange Zeit seine Computer in Ordnung hielt. Der hatte immer die neuesten Geräte, konnte sie einigermaßen bedienen solange sie liefen und er nicht irgendwo auf der Festplatte mit Dateien spielte. Aber auch das tat er liebend gern und so waren die Anrufe recht häufig, ob ich nicht ein bisschen zeit hätte, es funktioniert wieder mal was nicht 🙂
Ich kam gern, denn der Schriftsteller und Regieseur vieler Theaterstücke und filme war ein ausgesprochen lieber Mensch, dem ich immer gerne zuhörte während ich an seinen Kisten schraubte. Irgendwann hat er mir dann eine Kiste in die Hand gedrückt und gemeint, das wäre für die vielen Stunden, die ich “geopfert” hätte und an dem Inhalt der Kiste würde ich bestimmt viel Spaß haben.
Er hatte recht, der Quaderno hat wirklich Spaß gemacht.

Einen Gag hatte der Quaderno eingebaut, eine Musik- oder Sprachaufzeichnung, die sogar funktionierte, ohne dass der Netook eingeschaltet sein musste. Dazu waren die Tasten auf dem Deckel des Quaderno gedacht. Das hat ganz gut funktioniert. Die Soundfiles waren ordentlich komprimiert, 10 Minuten benötigten rund 1 MB Speicherplatz.

Die technischen Daten

So und nun noch ein paar technische Daten:

  • CPU: NEC V30 HL mit 16 MHz
  • 1 MB RAM von denen 640 kB von DOS genutzt wurden und 360 kB als virtuelles Laufwerk zur Verfügung standen
  • 20 MB Festplatte, das war enorm viel für die Zeit und die Größe des Quaderno
  • Betriebssystem MS-DOS 5.0 und später MS-DOS 6.2
  • externe Anschlüsse: PCMCIA Slot Typ II, serielle (UART8250) und parallele Minibuchsen, Mikrofon- und Kopfhörerbuchse
  • Diplay: monochrom mit 640×400 Pixel Auflösung oder 80×25 Zeichen text mit 14,0 x 10,5 cm Größe
  • Abmessungen: 210 x 148 x 32 mm
  • Gewicht: 1050 Gramm
  • Stromversorgung: Akkupack mit 6 AA-Zellen mit 7,2 Volt damit waren rund acht (8) Stunden Arbeitszeit möglich !!!
  • Design: Mario Bellini und Hagai Shvadron
  • Projekt: Ugo Carena
  • Eine noch vollständigere Beschreibunge der technischen Daten gibt es bei www.qslnet.de unter dem nachfolgenden Link: http://www.qslnet.de/member/dg1xpz/amateurfunk/olivetti.html
  • Kaufpreis rund 2.000,- DM

Das Werbevideo von damals:

Und hier noch ein “Unpacking Video” des Olivetti Quaderno

und noch ein paar Links zum Olivetti Quaderno:

Im intalienischen Wikipedia ist der Quaderno beschrieben.

http://www.computinghistory.org.uk/det/20342/Olivetti-Quaderno/

https://kogs-www.informatik.uni-hamburg.de/~utcke/Private/Palmtop/quaderno33.html

http://www.museoscienza.org/dipartimenti/catalogo_collezioni/scheda_oggetto.asp?idk_in=ST110-01066&arg=disco

Für die Freaks unter Euch:

Technische Daten:

Name: Olivetti Quaderno (Quaderno heißt Schulbuch in Italien)
Entwickelt in Italien, gebaut in Japan.
In Deutschland bekannt unter “Highscreen Laptalk”
Verkauf: ca. Juni 1992
Typ: Subnotebook/Palmtop
Prozessor: NEC V30HL, 16/8/4 MHz, 8086 kompatibel (Low-Power-Version), Taktfrequenz über Tastatur schaltbar
Bios: 128KB ROM-BIOS, IBM-XT-kompatibel, 26.06.1992
Arbeitsspeicher: 1 MB (640 KB + 320 KB EMS + 64 KB Shadow-RAM)
Display: FSTN-LCD-Display (Reflexionsflüssigkristall) 7.5″, 32KB Video-RAM DCGA (640 x 400 Pixel, 80 x 25 Text) Schwarz/Weiß, 8 Graustufen, kompatibel mit CGA und AT&T/Toshiba 640 x 400 monochrome Grafikmode
Zusatz-Display: Kleines LCD-Display für: Systemanzeigen, Zeit, CPU-Takt, Tastaturstatus, Batteriezustand, Zugriff auf HD/FD/PCMCIA
Tastatur: 93/94-Tasten, PS/2-kompatibel, mit numerischem Tastaturblock mit 16 Tasten und 10 Funktionstasten
Datenspeicher: Festplatte 20 MB, Conner CP2024, 640mA
externes Diskettenlaufwerk 3,5″ (optional)
1 Steckplatz für PCMCIA-Karten (PCMCIA V1.0)
(SRAM-, ROM- oder FLASH-Card (optional))
Betriebssystem: MS-ROM DOS 5.0 in ROMDISK (512KB) + 32 KB SRAM (zum Speichern der Einstellungen)
Software: INTERLINK (zur Datenübertragung zu anderen PC’s)
PERSONAL ACCESSORIES mit:
Notizbuch, Zeitplaner/Kalender, Rechner, Kartei, Telefonverzeichnis, Datenverwaltung, Voicemanager, Powermanagementsoftware
Kompatibilität: Kompatibel mit der meisten DOS-Software (Lotus 1-2-3, etc.) für 8088 oder 8086 CPU.
PCMCIA: PCMCIA (Version 1.0) oder JEIDA 4.0
Support für ROM-, SRAM- oder FLASH-Card,
Fax-/Modem-Karten (Gruppe 3)
Kein Support für I/O-Karten
Anschlüsse: Mikrofon, Kopfhörer, 1x seriell (UART8250), 1x parallel & Diskettenlaufwerk, 1x PCMCIA, 12V-Anschluss
Sprachfunktion: Aufzeichnen von gesprochenen Nachrichten über das eingebaute Mikrofon auf die Festplatte. Wiedergabe über eingebauten Lautsprecher mit Lautstärkeregelung.
(mit automatischer Aufnahme- und Wiedergaberegelung)
Funktionen: REC, PLAY, Stop, PAUSE, FF, RW
Auf dem kleinen LCD-Display werden die Zeit, Aufzeichnungszählwerk und andere Statusinformationen dargestellt.
6 externe Tasten (auf dem Gehäusedeckel) für:
REC, PLAY, Stop, PAUSE, FF, RW, SKIP
Stromversorgung: NiCd-Batterie-Pack (7.2V/800mAh) 4h oder mit 6 AA Alkaline Batterien ermöglichen über 8 h Arbeitsdauer.
Das Powermanagement versetzt je nach Einstellung, zeitgesteuert, die CPU in den Stromsparmodus, schaltet das Display und die Festplatte bei Nichtgebrauch ab und versetzt den PC in den Sleep-Mode.
Zubehör:
(Standard)
Universal-Netzteil, NiCd-Batterie-Pack,
Serielles Kabel zur Übertragung von Dateien,
9/25-pol. Adapter für RS232
Zubehör:
(optional)
Externes Diskettenlaufwerk 3,5″/1,44 MB,
Kabel für externes Diskettenlaufwerk, Zusatzbatteriepack,
Druckerkabel, Autoadapter, Tragetasche
Maße: DIN A5, 210 mm x 148 mm x 32 mm
Gewicht: 1050 Gramm incl. 150g Batteriepack
Preise: Juni 1992:        2300,- DM
Oktober 1992: 1850,- DM

 

Anschlussbelegung:

Olivetti-Connector Olivetti-Connector
36-Pin-JAE Printer Floppy 10-PIN-JAE
01-STB 01 01-DCD
02-D0 (Printer DATA) 02 02-RXD
03-D1 (Printer DATA) 03 03-TXD
04-D2 (Printer DATA) 04 04-DTR
05-D3 (Printer DATA) 05 05-GND
06-D4 (Printer DATA) 06 06-DSR
07-D5 (Printer DATA) 07 07-RTS
08-D6 (Printer DATA) 08 08-CTS
09-D7 (Printer DATA) 09 09-RI
10-ACK 10 10-nc
11-BUSY 11
12-PE 12
13-SLCT 13
14-AFD 14
15-ERR 15
16-INIT 16
17-SELIN 17
18-GND 18 01
19-GND 19 07
20-GND 21! 05
21-INDEX 08
22-TRACK 0 26
23-WRITEPROT 28
24-READDATA 30
25-DISKCHANGE 34
26-DRIVE 0 14 (12=DRV B)
27-MTR ENABLE 10 (16=DRV B)
28-WRITE DATA 22
29-WRITEGATE 24
30-MIN nc
31-HEADSEL 32
32-STEPDIR 18
33-STEP 20
34-GND 22! 27
35-GND 24 29
36-GND 25 31

5 Gedanken zu „Olivetti Quaderno – Lieblingsstück aus vergangenen Tagen“

  1. Guten Tag, ein Freund hat mich ersucht, die Daten seines Quaderno zu überspielen. Die Geräusche beim Start klingen so, als wolle die Festplatte starten, schafft es aber nicht ganz, die Anlaufgeräusche immer wiederkehren.
    Kann man die Festplatte ausbauen und die Daten überspielen oder über ein Kabel von außen zugreifen und die Daten sichern? Für Rat wäre ich sehr dankbar, da dem Eigentümer die Daten sehr wichtig wären. Vielen Dank, Armin.

  2. Mit dem Olivetti Quaderno habe ich italienisch gelernt – ich besaß 5 oder 6 Stück, einer war immer in Reichweite, um eine Vokabel nachzusehen oder zu ergänzen (mein eigenes Wörterbuch habe ich auf diese Weise auch geschrieben).

    Leider waren die gebraucht ersteigerten Geräte dem rauhen Alltag mechanisch nie lange gewachsen und sind alle inzwischen längst Schrott – aber in meinem italienisch-deutschen Dizionario leben sie weiter!

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